5 Fakten zur Zukunft der E-Rechnung

Victoria Waba, Content Marketing Manager
Victoria WabaContent Marketing Manager
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Neue Vorschriften zur elektronischen Rechnungsstellung und zur Mehrwertsteuer in Europa und darüber hinaus zwingen Unternehmen dazu, ihre Geschäftsprozesse grundlegend neu zu denken. Was wie eine rein technische Änderung scheint, ist in Wirklichkeit eine fundamentale Veränderung, die neu definiert, wie Unternehmen, regulatorische Stellen und Daten interagieren.

Die etablierten Regeln werden in Echtzeit neu geschrieben

Trotz des Ziels der EU, einen harmonisierten Binnenmarkt zu schaffen, ist die Realität der Einführung von E-Invoicing eine tiefgreifende Fragmentierung. Die Mitgliedstaaten verfolgen keinen einheitlichen Ansatz, sondern entwickeln sehr unterschiedliche Systeme und schaffen damit ein komplexes und herausforderndes Flickwerk für jedes grenzüberschreitend tätige Unternehmen. Ein „One-size-fits-all“-Ansatz für europäische E-Rechnungsstellung ist praktisch unmöglich.

Basierend auf Erkenntnissen führender Steuerbehörden und Brancheninsidern haben wir fünf entscheidende Erkenntnisse definiert. Diese werden Ihre Sichtweise auf E-Invoicing verändern und den Fokus von einer unmittelbaren Herausforderung auf eine langfristige strategische Chance rücken.

Fakt 1: Elektronische Rechnungsstellung bedeutet in erster Linie Compliance

Vor einem Jahrzehnt wurden E-Invoicing-Projekte mit schnelleren Prozessen und niedrigeren AP-Kosten (Accounts Payable) verkauft. Heute ist der Treiber Steuerpolitik – schlicht und einfach: die Schließung der Mehrwertsteuerlücke und die Erfassung von Transaktionsdaten in nahezu Echtzeit. Die EU-Reform VAT in the Digital Age (ViDA) zielt ausdrücklich auf Betrugsbekämpfung und modernisiertes Reporting ab. Die Mehrwertsteuerlücke der EU beträgt immer noch mehrere zehn Milliarden Euro pro Jahr, was erklärt, warum die Verwaltungen auf strukturierte, berichtspflichtige Daten drängen.

Fakt 2: Der Unterschied zwischen E-Invoicing und E-Reporting

Der Begriff „E-Invoicing“ (E-Rechnungsstellung) wird oft als Sammelbegriff verwendet, der auch verwandte Bereiche wie E-Reporting abdeckt. In der Praxis behandeln Regulierungsbehörden in Europa diese Konzepte jedoch unterschiedlich. Sehen wir uns an, was sie unterscheidet:

✅ E-Invoicing beschreibt den Austausch einer rechtlich gültigen Rechnung zwischen Geschäftspartnern in einem maschinenlesbaren Format

Je nach Rechtsordnung muss die Rechnung alle Anforderungen an Inhalt, Format, Übertragung, etc. erfüllen.

✅ E-Reporting bezieht sich auf die Übermittlung von Rechnungsdaten an die Steuerbehörde

Auch hier variieren die Anforderungen stark zwischen den Ländern, manche fordern zusätzliche Informationen. Frankreich verlangt beispielsweise Angaben zum Bearbeitungsstatus einer Rechnung (bestätigt, in Bearbeitung, abgelehnt usw.). Auch die Zeitpläne unterscheiden sich: In manchen Märkten müssen Reporting und Freigabe erfolgen, bevor eine Rechnung offiziell ausgestellt wird, während dies in anderen Märkten gleichzeitig oder kurz nach Ausstellung geschehen kann.

Fakt 3: Ihre PDF-Rechnung ist veraltet

Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass das Versenden elektronischer Dokumente wie PDF oder Word-Dokumenten per E-Mail als elektronische Rechnungsstellung gilt. Nach den heutigen Vorschriften ist das nicht der Fall.

Ein PDF ist lediglich ein menschenlesbares elektronisches Dokument, es enthält keine maschinenlesbaren Daten in einem strukturierten Format. Wie die belgische Steuerbehörde treffend bemerkte, ist das Vertrauen auf PDFs und OCR nichts anderes als „die ineffiziente Art der Digitalisierung“.

Dieses Missverständnis birgt erhebliche, oft übersehene Compliance-Risiken, insbesondere in Bezug auf Empfangspflichten.

Deutschland ist das deutlichste Beispiel. Während die Verpflichtung zur Ausstellung strukturierter E-Rechnungen zwischen 2027 und 2028 schrittweise eingeführt wird, gilt eine unmittelbare Anforderung bereits: Seit dem 1. Januar 2025 ist jedes Unternehmen in Deutschland verpflichtet, strukturierte elektronische Rechnungen empfangen zu können, die dem EN16931-Standard entsprechen.

Die Auswirkungen sind tiefgreifend. Viele Unternehmen glauben, sie hätten noch Jahre Zeit zur Vorbereitung, ohne zu realisieren, dass ihre gesetzliche Verpflichtung bereits begonnen hat. Wenn ein Lieferant beschließt, eine konforme strukturierte E-Rechnung zu senden, ist der Empfänger gesetzlich verpflichtet, sie verarbeiten zu können.

Die Übergangsfrist für das Senden von Papier- oder PDF-Rechnungen ist nur eine Zwischenlösung. Die Zukunft der B2B-Rechnungsstellung liegt im strukturierten Datenformat und die gesetzliche Pflicht, damit umzugehen, kommt viel früher, als die meisten Unternehmen denken.

Fakt 4: Nationale Modelle für elektronische Rechnungsstellung unterscheiden sich bewusst

Trotz des Ziels der EU, einen harmonisierten Binnenmarkt zu schaffen, ist die Realität der E-Invoicing-Einführung fragmentiert. Die Mitgliedstaaten gehen nicht einheitlich vor. Ja, ViDA wird einige Regeln im Laufe der Zeit harmonisieren. Aber wer grenzüberschreitend tätig ist, sieht sich derzeit einer Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen gegenüber. Zum Beispiel:

  • E-Rechnung in Polen 🇵🇱 KSeF, ein zentralisiertes Austauschmodell. Die obligatorische Nutzung von KSeF beginnt am 1. Februar 2026 für große Unternehmen (>200 Mio. PLN pro Jahr) und am 1. April 2026 für alle anderen Unternehmen. Jede Rechnung wird über die zentrale staatliche Plattform weitergeleitet.
  • E-Rechnung in Belgien 🇧🇪 Eine dezentrale E-Rechnungsstellungspflicht auf Basis von PEPPOL. Ab dem 1. Januar 2026 müssen inländische B2B-Rechnungen standardmäßig auf Basis von PEPPOL elektronisch strukturiert und ausgetauscht werden (die elektronische Berichterstattung folgt ab 2028).
  • E-Rechnung in Frankreich 🇫🇷 Der Austausch erfolgt über zertifizierte private Plattformen (PAs), wobei die Daten auch an ein öffentliches Portal (PPF) weitergeleitet werden. Große Unternehmen (>50 Mio. EUR Jahresumsatz oder >250 Mitarbeiter) müssen ab dem 1. September 2026 E-Rechnungen senden und empfangen sowie internationale B2B-Transaktionen melden. Alle anderen Unternehmen müssen ab 1. September 2026 E-Rechnungen empfangen können. Ab 1. September 2027 müssen Unternehmen aller Größen E-Rechnungen senden, empfangen und melden.

Wie Sie sehen, gibt es kein einheitliches Vorgehen. Ein länderübergreifender Plan muss lokale Anforderungen respektieren und gleichzeitig ViDA’s grenzüberschreitendes digitales Reporting ab 2030 berücksichtigen.

Fakt 5: Ein dezentrales Modell ist kein „Freifahrtschein“, sondern bedeutet intelligentere Regeln

Wenn Regierungen wie Belgien sich für ein dezentrales Modell wie Peppol entscheiden, wird dies leicht als weniger regulierter, freier Marktansatz missverstanden. Das Gegenteil ist der Fall. Dezentrale Netzwerke bedeuten nicht Abwesenheit von Vorgaben, sondern basieren auf einem starken, gemeinsamen Regelwerk, das Interoperabilität für alle garantiert.

Dies steht im direkten Gegensatz zur alten Welt bilateraler EDI-Vereinbarungen, die oft scheiterten, weil sie geschlossene Systeme und Marktineffizienzen schufen. Wie der belgische Föderale Öffentliche Dienst für Finanzen betont, führt ein unregulierter Markt nicht zu Freiheit, sondern zu Dominanz durch die mächtigsten Akteure.

Ohne Regeln setzen die Stärksten die Regeln. Große Unternehmen können proprietäre Rechnungsstellungssysteme kleineren Lieferanten aufzwingen, die kaum eine Wahl haben, außer sich zu fügen oder Geschäftseinbußen zu riskieren.

Offene Netzwerke wie Peppol stellen diese Dynamik auf den Kopf. Ähnlich wie beim internationalen Telefonsystem ermöglicht Peppol Interoperabilität: Solange jeder den Standard einhält, kann jeder Teilnehmer mit jedem anderen verbunden werden, unabhängig vom Anbieter oder der Infrastruktur.

Sind Sie bereit für die Zukunft der elektronischen Rechnungsstellung?

E-Invoicing ist weit mehr als eine technische Anforderung oder ein administratives Projekt. Es ist ein fundamentaler Paradigmenwechsel in Bezug auf Compliance, Datenintelligenz und die Art der Interaktion zwischen Unternehmen und Regierung. Erfolgreiche Unternehmen werden diejenigen sein, die über die unmittelbaren Fristen hinausblicken und die tiefere Transformation erkennen.

Und der Wandel endet nicht bei Rechnungen. Wenn strukturierte Echtzeit-Datenflüsse zur Norm werden, stellt sich die Frage: Welche Geschäftsdokumente folgen als Nächstes? Von Bestellungen bis zu Zahlungsbestätigungen, die E-Rechnung ist nur der Anfang eines viel größeren digitalen Ökosystems.

Bei fiskaly beobachten wir die Entwicklungen in den Bereichen E-Invoicing und Fiskalisierung in ganz Europa genau, um Unternehmen bei der Navigation durch diese schnellen Veränderungen zu unterstützen.

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